Ein Referentenentwurf der Bundesregierung sieht massive Änderungen in der Organisation der Amtsgerichte vor
Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann informiert sich am Amtsgericht Meppen über die beabsichtigte Konzentration der Insolvenzgerichte
Meppen. Im Falle der Umsetzung des Entwurfs würden die Firmeninsolvenzen ab dem 01.01.2021 am Sitz des Landgerichts, für das Emsland und die Grafschaft damit am Amtsgericht Osnabrück, konzentriert werden.
Die vorgesehene Änderung in § 2 Abs. 2 InsO erlaubt der Landesregierung danach nur noch die Verbraucherinsolvenzen und Nachlassinsolvenzen durch Rechtsverordnung auf die Amtsgerichte zu übertragen.
Auf Einladung der Direktorin des Amtsgerichts, Anette Schneckenberger, informierte sich die Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann in der vergangenen Woche über die Folgen der beabsichtigten Gesetzesänderung am Amtsgericht Meppen.
„Dies bedeutet eine massive Schwächung aller Amtsgerichte in der Fläche und damit auch des Wirtschaftsstandortes Emsland/Grafschaft Bentheim“, so die Direktorin.
Das Insolvenzverfahren verfolge nicht nur das Ziel der Gläubigerbefriedigung, sondern auch der Unternehmenserhaltung. Dieses Ziel sei mit den Insolvenzgerichten und den von ihnen bestellten Insolvenzverwaltern vor Ort, die in der Region verwurzelt und mit dieser verbunden seien, viel besser zu erreichen.
Es sei zu beobachten, dass die regional tätigen Insolvenzverwalter hier einen engeren Bezug zur Sache haben und ein größeres Engagement einbringen als die großen Insolvenzverwalterkanzleien. Wenn die Sanierung von klein- und mittelständischen Unternehmen gewünscht ist, so müsse der Verwalter mit seinen Kernaufgaben auch in unmittelbarer Nähe des Schuldners tätig sein.
Frau Schneckenberger betonte in diesem Zusammenhang, dass sie sich nicht nur große Sorgen um das Amtsgericht Meppen und deren Mitarbeiter mache, da ein wichtiger Teil der Rechtsprechung verloren gehe, sondern genauso sehr um die Entwicklung der Region als Wirtschaftsstandort. Grundlage eines gesunden Wirtschaftswachstums sei unter anderem eine gut erreichbare, präsente Justiz.
„Als gebürtige Emsländerin liegt mir nicht nur das Wohl meines Hauses und deren Mitarbeiter, sondern genauso das Wohl des Mittelstandes in meiner Heimat am Herzen. Zur Unternehmenserhaltung – gerade in diesen schwierigen Zeiten – brauchen wir die Insolvenzgerichte vor Ort.“
Gitta Connemann versteht die Sorgen
„Es ist gut, dass Frau Schneckenberger und ihr Team aus der Insolvenzabteilung so aufmerksam sind. Wegen Corona droht eine Zunahme an Insolvenzen. Wenn Betriebe betroffen sind, muss der Grundsatz gelten: Sanierung vor Abwicklung. Denn es geht immer auch um die Existenzen von Mitarbeitern und Auszubildenden. Insolvenzanwälte vor Ort kennen in der Regel die Betriebe. Das ist ein Vorteil. Gerade für und in ländlichen Regionen.“
Zum Hintergrund:
Der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungsrechtsfortentwicklungsgesetz – SanInsFoG) des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz datiert vom 18. September 2020. Es handelt sich um ein umfangreiches und bedeutendes Reformvorhaben. Art. 5 Nr. 1 ändert § 2 InsO. Die Streichung der Wörter „oder zusätzliche“ in § 2 Abs. 2 S.1 InsO hat zur Folge, dass für Unternehmensinsolvenzen künftig nur noch ein Gericht im Landgerichtsbezirk zuständig sein kann.
Im Falle einer Zentralisierung würden die 33 Insolvenzgerichte in Niedersachsen auf 11 reduziert.
Die Insolvenzabteilung in Meppen ist derzeit mit drei Richtern, drei Rechtspflegern und vier Justizfachwirten besetzt. In Meppen werden auch die Insolvenzverfahren aus dem Amtsgerichtsbezirk Papenburg bearbeitet.
Das Amtsgericht Meppen bestellt Insolvenzverwalter, die ihren Sitz in der Nähe des Gerichts bzw. des in wirtschaftliche Not geratenen Betriebes haben.
Typischerweise handelt es sich bei den Gläubigern in Unternehmensinsolvenzverfahren in der Region um örtliche Kreditinstitute, das örtliche Finanzamt, die Niederlassung der Agentur für Arbeit, örtliche Unternehmen sowie die Arbeitnehmer des Schuldners.
Die Zusammenarbeit zwischen dem Insolvenzgericht, den Gläubigern, den Schuldnern und dem Insolvenzverwalter ist vertrauensvoll. Oft kann auch noch nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens die Sanierung des Unternehmens und damit auch der Erhalt von Arbeitsplätzen erreicht werden.