Aktuell

Einführung der Bürger-ID: Überwachung bald leicht gemacht?

Wann genau die Bürger-Identifikationsnummer nun tatsächlich kommt, ist derzeit noch unklar. Beschlossene Sache ist sie allerdings bereits. Befürworter sehen in ihr vor allem den Weg, künftig zahlreiche Abläufe und Behördengänge zu digitalisieren und zu vereinfachen. Der Widerstand aber ist enorm und Verfassungsklagen sind abzusehen. Denn die Befürchtung bleibt, dass die Umwandlung der Steuer-Identifikationsnummer in eine Bürgernummer künftig den Weg zum gläsernen Menschen ebnet. Doch warum die ganze Aufregung eigentlich?

Einführung der Bürger-ID: Überwachung bald leicht gemacht?

Hintergrund: Was genau ist die Bürger-Identifikationsnummer?

Jeder Bürger erhält seit 2007 eine Steuer-Identifikationsnummer, die bis zum Ende seines Lebens gültig bleibt. Derzeit dient sie lediglich für steuerliche Vorgänge. Doch nun soll diese lebenslang gültige Kennziffer nach dem Willen des Gesetzgebers zur Bürger-ID werden. Künftig sollen dann zahlreiche Behörden und Datenbanken über die Bürger-ID Informationen für Verwaltungsakte abrufen können.

Vorteile der Bürger-ID: Zirka 5.000 Dienstleistungen auf digitalem Wege möglich

Im Rahmen des Registermodernisierungsgesetzes sollen bis zum Jahre 2023 tausende von Dienstleistungen bei Behörden und Ämtern voll digital vonstatten gehen können. Das entlastete nicht nur den Bürger, sondern auch die Einrichtungen selbst. Denn oftmals müssen Nachweise für Behördengänge immer wieder neu erbracht und ausgestellt werden. Das erfordert oftmals auch die persönliche Vorsprache, zahlreiche Fußwege und stundenlanges Sitzen in Wartebereichen.

Ziel der Bürger-ID: Personen könnten künftig über Online-Anträge zum Beispiel Ummeldungen viel leichter vornehmen. Geben sie ihre Personenkennziffer ein und willigen in den Datenaustausch ein, dann kann die Meldebehörde die entsprechende Anfrage an die neu eingerichtete Registermodernisierungsbehörde weiterleiten. Diese wiederum übermittelt die Anfrage an die zuständige Behörde oder Datenbank, sollten noch Nachweise von dieser benötigt werden. Die erforderlichen Infos erhielte die Meldebehörde dann entsprechend.

Ein zentrales Melderegister, in dem sämtliche Informationen zu einer Bürger-ID dann hinterlegt sind, soll es also nicht geben. Nähere Infos dazu, welche Behörden zum Beispiel Zugang zur Bürger-ID erhalten und zu den Problemen, die die Bürgernummer mit sich bringt, finden Sie unter www.datenschutz.org/buerger-identifikationsnummer/. Im Folgenden seien jedoch bereits ein paar wesentliche Kritikpunkte genannt.

Nachteile der Bürger-ID: Nicht nur Gefahren für den Datenschutz drohen

Die Umwandlung der Steuer- in die Bürger-ID geht mit einer erheblichen Ausweitung der ursprünglichen Zweckbindung einher. Der Gesetzgeber versucht dem Datenschutzrecht dabei zu genügen, indem er an die Nutzung der Bürger-ID durch Behörden und Datenbanken die freiwillige Einwilligung des Betroffenen knüpft. Problem also gelöst, oder etwa nicht? Dass eine solche Zustimmung aus Bequemlichkeit oder Unwissenheit allzu leichtfertig erteilt wird, wissen AGB- und Cookie-Banner-Gebeutelte Internetuser zu Genüge. Das Problem dabei: Theoretisch macht die Bürger-ID die Erstellung umfangreicher Persönlichkeitsprofile möglich.

In den letzten Jahren häuften sich Meldungen über unzulässige Personalien abfragen in Polizeibehörden und anderen Dienstellen. Kaum auszumalen, welche Folgen entsprechende Vorgänge für einzelne Betroffene haben mögen, wenn anhand der Bürger-ID umfangreichere Daten abrufbar werden. Doch auch bei Unternehmen und großen Datenkraken könnten Begehrlichkeiten aufkommen (allzu leicht ließen sich in Formularen optionale Felder für die Angabe der Bürger-ID einfügen und eigene inoffizielle Register erstellen).

Die nun beschlossene Ausweitung der Zuordnung von Informationen zu der persönlichen Kennziffer eines Bürgers ist allerdings nicht nur aus datenschutzrechtlichen Gründen fragwürdig. Der Einführung der Steuer-ID stand das Bundesverfassungsgericht vermeintlich nur deshalb nicht im Wege, weil die Zweckbindung dieser Personenkennziffer sehr eng gefasst war. Auch das Bundesverfassungsgericht wird sich deshalb wohl mit der Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Bürger-Identifikationsnummer auseinandersetzen müssen. Dass es zu zahlreichen Klagen kommen wird, ist höchstwahrscheinlich.

Mehr anzeigen
Schaltfläche "Zurück zum Anfang"